JavaScript- und .NET-Trends: Was hat sich 2023 getan? Was kommt 2024?

2023 war ein ereignisreiches Jahr. Ein guter Grund, unsere Expert:innen aus den Bereichen JavaScript, .NET und Webentwicklung nach ihren Einschätzungen zu den aktuellen Trends und neuen Technologien zu befragen. Außerdem lassen sie uns pünktlich zum Jahresende wissen, was sie sich für 2024 wünschen.

Was hat das Jahr 2023, insbesondere auch aus technologischer Sicht, für dich interessant und besonders gemacht?

 

Christian Liebel: Ganz eindeutig Generative AI. Die Veröffentlichung von ChatGPT Ende 2022 war ein wahrer iPhone-Moment. 2023 kam dann enorm viel Bewegung in dieses Thema: Open-Source-Modelle wurden im Wochentakt kleiner, besser und schneller. Urplötzlich reichen unsere Bandbreiten, Rechen- und Speicherkapazitäten nicht mehr aus. All das gab es in der IT schon lange nicht mehr.

Manfred Steyer: 2023 stand für mich im Zeichen der Angular-Renaissance: Das Framework erneuert sich von innen heraus und wird moderner. Dabei nimmt es Trends, die sich in anderen kleineren Frameworks bewährt haben, auf: Partial Hydration, verzögertes Laden von Seitenbereichen, ein neuer Control Flow und Signals.

Das Angular-Team achtet bei diesen Neuerungen sehr stark auf Abwärtskompatibilität. Bestehender Code wird nicht gebrochen, sondern das Framework bekommt nach und nach neue Features. Das ist ein wichtiges Zeichen, da gerade viele langlebige Unternehmensanwendungen auf Angular setzen. Hier braucht es also Nachhaltigkeit. Trotzdem muss das Framework relevant bleiben. Dazu braucht es auch Neuerungen. Wir haben es also mit einem Spagat zwischen Nachhaltigkeit und Neuerungen zu tun und den scheint das Angular-Team echt gut hinzubekommen.

Außerdem ist der auf Signals basierende NgRx Signal Store echt cool: Er ist leichtgewichtig und super erweiterbar. Wiederkehrende Anforderungen lassen sich damit sehr elegant zentral umsetzen. Als Beispiel nenne ich gerne meine Erweiterungen, die es mir erlauben, mit 7 Zeilen Code einen Store für einen CRUD Use Case inkl. Undo/Redo zu implementieren.

Nils Hartmann: Für jemanden, der sich viel mit React beschäftigt, war natürlich die „Fullstack-Empfehlung“ der Moment des Jahres 2023. Im März fand sich plötzlich die Empfehlung auf der React-Homepage, React-Anwendungen nur noch mit einem Fullstack-Framework wie Next.js oder Remix zu bauen. Das hat für einigen Wirbel in der React-Szene (und auch außerhalb) gesorgt. Leider finde ich die Begründung des React-Teams für diesen Schritt bzw. diese Empfehlung zu undifferenziert und in Teilen sogar falsch, auch wenn die Fullstack-Frameworks viele gute Ideen und nützliche Features mitbringen.

Auch wenn man natürlich weiterhin mit React Single-Page-Anwendungen bauen kann, hätte ich es begrüßt, wenn man differenzierter argumentiert hätte (das gilt auch für Teile der meinungsstarken Community), und zum Beispiel den Framework-Weg als zusätzliche Option für React angeboten hätte. So empfinde ich es fast schon als Schlag ins Gesicht derer, die seit Jahren React als Basis für ihre Single-Page-Anwendungen einsetzen und – aus welchen Gründen auch immer – nicht auf ein Framework umstellen wollen oder können.

 

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Tam Hanna: Wir sehen in vielerlei Hinsicht ein Streamlining im Bereich der angekündigten Technologien. AI hat sich gut etabliert, viele angekündigte Produkte – zum Beispiel der Bluetooth-SoC auf RISC/V-Basis von GigaDevice – wurden zumindest in Musterstückzahlen verfügbar.

Veikko Krypczyk: 2023 war geprägt von bedeutenden Fortschritten in der künstlichen Intelligenz, insbesondere in Bereichen wie Sprachverarbeitung und Bildgenerierung. Tools wie GPT-4 und DALL-E haben die Interaktion mit KI und die Erzeugung kreativer Inhalte revolutioniert. Ebenso interessant war ein zunehmender Fokus auf umweltfreundliche Technologien und nachhaltige Entwicklung, vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien und der Green IT.

Maria Haubner: Mein Team und ich hatten dieses Jahr besonders viel Spaß dabei uns neue Technologien anzueignen. Beispielsweise haben wir uns intensiv mit Flutter und mobiler Entwicklung beschäftigt. Dabei waren wir auch begeistert von den Entwicklungen, die Flutter im Bereich Web und Desktop geliefert hat. Wir waren positiv überrascht davon, in welcher Geschwindigkeit sich Apps damit Multi-Plattform entwickeln lassen.

 

 

Wie würdest du die Entwicklungen der vergangenen rund 12 Monate in der IT-Welt/.NET Welt/Web und JavaScript-Welt persönlich beurteilen? Welche Entwicklungen würdest du positiv einschätzen, welche negativ? Gab es für dich persönliche Highlights?

 

Liebel: Das Web entwickelt sich stetig weiter, so auch in diesem Jahr. Interessant war, dass Apple, Google und Microsoft sich auf die Installationskriterien für Progressive Web Apps geeinigt haben: Nämlich, dass es gar keine geben soll. Gerade rechtzeitig zum GenAI-Hype erschien das WebGPU-API in den Chromium-basierten Browsern, das die lokale Ausführung von KI-Modellen direkt im Browser erheblich beschleunigt. Nächstes Jahr werden Third-Party-Cookies in Chrome abgeschaltet. Das ist an sich richtig, aber ich bin gespannt, wo das überall noch zu Problemen führen wird.

Steyer: Man hat wieder einmal gesehen, dass die großen JavaScript-Frameworks – React, Angular und Vue – fest im Sattel sitzen. Das gibt der Community Stabilität. Trotzdem herrscht kein Stillstand: Viele kleinere Frameworks zeigen Mittel ohne Wege auf, bestimmte Sachen besser zu machen. Diese Konkurrenz ist wichtig, weil es die großen Drei dazu bewegt, jene Konzepte, die sich bewähren, aufzunehmen. Genau das ist in diesem Jahr wieder einmal passiert.

Hartmann: Die Möglichkeiten der Webentwicklung sind in den vergangenen Monaten weiter gewachsen. Es gibt für viele Anforderungen und Geschmäcker mittlerweile passende Konzepte, Tools und Bibliotheken – und das betrifft nicht nur die JavaScript-Entwicklung. Wenn man keine Single-Page-Anwendung bauen möchte, hilft einem vielleicht HTMX weiter. Bin ich auf eine sehr schnelle erste Darstellung und eine sehr kurze Zeit bis zur ersten Interaktion angewiesen, können mir vielleicht neue Frameworks wie Astro oder Qwik weiterhelfen. Konkret in React gefallen mir die neuen Möglichkeiten, wie asynchrone Serverkomponenten oder auch die Suspense-Features, die man jetzt auch auf dem Client nutzen kann (z.B. mit der TanStack Query-Bibliothek).

Hanna: Der Fokus liegt meines Erachtens in vielerlei Hinsicht auf Produktivitätssteigerungen. Das ist meiner Ansicht nach erfreulich, auch in Anbetracht des nach wie vor akuten Personalmangels.

Krypczyk: Positiv beurteile ich die Weiterentwicklung von KI-Technologien, die eine breite Anwendung in verschiedenen Industrien ermöglichen. Ich habe einige Bedenken hinsichtlich Datenschutz und ethischen Aspekten im Zusammenhang mit KI und Überwachungstechnologien. Die Einführung von fortschrittlichen KI-Modellen und die zunehmende Integration von KI in den Alltag ist ein echter Höhepunkt.

Haubner: Es gab viele spannende Entwicklungen im React-Umfeld, insbesondere bei Server-Side Rendering, Suspense und State-Management. Was ich in der Javascript-Welt als negativ empfinde ist, dass es ein sehr diverser Teppich aus Tools und Anwendungen ist. Das macht es schwierig immer richtig einzuschätzen, welche Lib einen Reifegrad erreicht hat, die sie Production-Ready macht. Gleichzeitig habe ich dieses Jahr den Eindruck gewonnen, dass sich mehr größere Firmen in diesen Open-Source-Bereich hereinwagen und damit mehr Substanz hinter Libraries kommt und sich die Stabilität und der Reifegrad von einigen Tools erhöht.

Highlight meines Team-Kollegen ist, dass die Dev-Toolchain scheinbar seit diesem Jahr auf Rust umzieht. Das erhöht die Geschwindigkeit und Stabilität.

 

 

Dein Geheimtipp: Welche Technologie, welches Tool, welches Framework, welche Methode hast du 2023 für dich entdeckt?

 

Liebel: Abgesehen von GitHub Copilot bzw. Jetbrains AI, die als neue Tools Einzug in meinen Workflow erhalten haben, finde ich Tauri als Alternative zu Electron enorm spannend. Es ist Secure by Default, nutzt Rust im Backend und die entstehenden Programmpakete sind dank Verwendung der plattformspezifischen Webview signifikant kleiner als ihre Gegenstücke in Electron.

Steyer: Ich habe mich ein wenig mit Solid.js und seiner Store-Implementierung beschäftigt. Beides nutzt schon seit längerer Zeit das Signals-Konzept. Ryan Carniato, der hinter Solid.js steht, gilt als Vordenker in Sachen Signals für JavaScript-Frameworks. Von ihm kann man also einiges lernen. Insofern verwundert es auch nicht, dass das Angular-Team auf Ryans Erfahrungen zurückgegriffen hat. Ein Blick auf Solid.js hat mir geholfen, besser zu verstehen, wie Signals die Zukunft von Angular prägen können.

Ähnlich war es mit Qwik und Astro. Beide sind auf ihre Weise sehr gut, wenn es um verschiedene Hydration-Szenarien geht. Das ist auch ein Thema, das 2023 in Angular Einzug gehalten hat und in das das Angular-Team auch weiterhin investieren möchte. Wie bei Solid.js und Signals gilt für mich auch hier, dass ein Blick auf solche Vorreiter ein gutes Gefühl für die Zukunft von Angular gibt.

Marc Teufel: Bei uns im Unternehmen wird Go neben Java in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. In letzter Zeit liest man immer häufiger von Go und HTMX als neues Heilmittel, mit dem man Webanwendungen gänzlich ohne JavaScript oder TypeScript entwickeln kann. Ich bin aktuell noch hin- und hergerissen von dieser Entwicklung. Auf der einen Seite wirkt der Ansatz wie von gestern, denn dahinter verbirgt sich nichts anderes als AJAX.

Auf der anderen Seite ermöglicht dieser Techstack eine schnelle, effiziente und zeitgemäße Entwicklung von Webanwendungen, die gerade für viele Unternehmensanwendungen mehr als ausreichend sein dürfte. Auf mich wirkt es, als wäre hier viel Komplexität herausgenommen worden, weil alles sehr schlicht und einfach im Aufbau ist. Ich könnte mir vorstellen, dass damit Software besser zu warten ist. Sicher bin ich mir allerdings noch nicht, ob Go und HTMX wirklich eine goldene Zukunft haben werden. Mein Bauchgefühl sagt mir aber, dass ich mir das Gespann näher ansehen werde, denn auf mein Bauchgefühl konnte ich mich bisher immer gut verlassen.

Hanna: MAUI. Definitiv MAUI. Wir haben die Technologie dieses Jahr in einem Bluetooth-Projekt deployt und könnten nicht zufriedener sein. Die Produktivitätssteigerung war immens.

Krypczyk: Ich „liebe“ die Entwicklung von modernen User Interfaces mit XAML-Technologien (MAUI, WinUI).

Holger Schwichtenberg: Ich habe ein Single-Page-Webprojekt mit Svelte implementiert und bin sehr begeistert von der syntaktischen Prägnanz, der Kompaktheit des Kompilats, sowie der Ausführungsgeschwindigkeit. Leider gibt es für Svelte aber noch nicht so viele Komponenten wie für anderen Webfrontend-Frameworks.

Haubner: Flutter und alle Dinge, die mit der Dart-Language einhergehen. Ich kann nur sehr empfehlen, sich damit auseinander zu setzen, wenn man mobile Entwicklung in Betracht zieht. In dem Ökosystem gibt es viele spannende und ausgereifte Tools, wie zum Beispiel Riverpod, die eine gute Dev-Experience liefern.

Was sind für dich die wichtigsten/interessantesten Neuerungen in .NET 8.0 (und C#12)? Hattest du Wünsche an .NET 8.0, die nicht erfüllt wurden?

 

Hanna: Die Wartung von komplexen Softwaresystemen wird gern mit dem Schütteln von Würfeln aus ballistischem Gel verglichen. Microsoft schaffte es diesmal keine großen breaking changes zu machen – sehr erfreulich!

Krypczyk: Wichtig finde ich, dass an der Stabilität der Frameworks gearbeitet wird, welche das .NET-Framework nutzen, also MAUI und WinUI.

Schwichtenberg: Die wichtigsten Neuerungen in .NET 8.0 gibt es definitiv in Blazor! Mit Blazor Static-Server-Rendering (SSR) steht nun für servergerenderte Multi-Page-Apps das gleiche Komponentenmodell wie für Single-Page-Apps zur Verfügung. Damit gibt es eine bessere Alternative zu ASP.NET Core MVC und Razor Pages! Der neue Auto-Rendering-Modus mit zweifacher Hydrierung vermeidet die Qual der Wahl zwischen Pest oder Cholera (Blazor Server und Blazor WebAssembly). Eine Webanwendung kann nun zunächst auf dem Server vorrendern, dann zu Blazor Server mit Websockets übergehen und im Hintergrund die Dateien für Blazor WebAssembly laden, um schließlich rein im Webbrowser zu laufen. Blazor war bisher stark auf Intranet- und Extranet Anwendungen beschränkt. Mit dem Auto-Rendering-Modus könnte man auch Internetanwendungen mit Blazor denken.

Bei C# 12.0 liebe ich

a) die Primärkonstruktoren für Klassen

public class Person (Guid id, string name, DateTime geb) {

}

b) die neue Syntax für die Initialisierung von Arrays und Listen mit eckigen Klammern (wie in JavaScript/TypeScript) inklusive Verwendung des Spread-Operators

List d1 = [1, 2, 3];

List d2 = [.. d2, 4, 5];

c) sowie die Typaliase

global using Author = (int ID, string Name, string Website);

Author hs = (42, „Dr. Holger Schwichtenberg“, „www.IT-Visions.de“);

Die Primärkonstruktoren erzeugen leider nicht, wie in TypeScript, direkt öffentliche Klassenmitglieder. Die Parameter des Primärkonstruktors kann man stattdessen nur innerhalb der Klasse für Zuweisungen oder als private Fields verwenden. Ich hätte gerne gesehen, dass die Primärkonstruktorparameter mit den Zusätzen public und private versehen werden können. Bei Verwendung von public bzw. ohne Angabe entsteht ein öffentliches Property; bei Angabe private ein privates Property. So hätte ich das gemacht! Der in .NET 7.0 für Konsolenanwendungen eingeführte „Native AOT“-Compiler wurde in .NET 8.0 auf ASP.NET Core Minimal APIs, gRPC-Dienste und Worker Services erweitert. Sehr gewünscht hätte ich mir, dass man auch Windows Forms- und WPF-Anwendungen mit dem Ahead-of-Time-Compiler kompilieren kann, denn viele Desktop-Anwendungen würden von dem schnelleren Anwendungsstart, der stark verringerten Anwendungsgröße und dem niedrigeren RAM-Bedarf profitieren. Zudem funktioniert Native AOT in .NET 8.0 leider auch immer noch nicht mit Entity Framework Core und Dapper. Möglich sind nur Command, DataReader und DataSet aus ADO.NET sowie NanORM.
 

 

Wie beurteilst du die Zusammenarbeit/Kooperation von Microsoft und OpenAI? Hat diese Zusammenarbeit Microsoft eine besondere Position im KI-Wettbewerb eingebracht?

 

Hanna: Kein Kommentar 😉

Krypczyk: Diese Partnerschaft hat Microsoft wahrscheinlich einen strategischen Vorteil im Bereich der KI verschafft, insbesondere durch die Integration von KI-Technologien in Microsoft-Produkte. Microsoft könnte sich durch diese Zusammenarbeit als führender Akteur im Bereich der KI-basierten Produkte und Dienstleistungen etabliert haben.

Schwichtenberg: Endlich ist Microsoft bei einem der großen Entwicklungen in der Geschichte der IT mal wirklich ganz vorne dabei. Es ist sehr gut, dass man die OpenAI-Dienste auch via Microsoft Azure nutzen kann, so brauchen Firmen nicht noch einen Cloud-Anbieter-Vertrag bzw. können bestehenden Azure-Guthaben nutzen.

 

Das Jahr 2023 hat in der Tech-Branche vor allem auch im Bereich der künstlichen Intelligenz viele Neuerungen, aber auch Kontroversen mit sich gebracht. Wie schätzt du das Thema ein – bleibt es in 2024 relevant oder platzt die Blase?

 

Liebel: Wenn immer eine Technologie Effizienzgewinne gebracht hat, ist sie geblieben, siehe Taschenrechner oder Computer. Davon ist auch bei künstlicher Intelligenz auszugehen: In Visual Studio Code findet GitHub Copilot Bugs und schreibt die Commit Message, in Photoshop übernimmt Firefly die Retusche und in Outlook wird bald der Microsoft 365 Copilot E-Mails schreiben. Das dürfte in 2024 und darüber hinaus relevant bleiben.

Steyer: Das Thema bleibt relevant und präsent. Eventuell kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo man nicht mehr so viel darüber redet, weil es eh normal ist, aber das sehe ich für 2024 noch nicht. Man wird uns das Leben weiterhin mit KI-unterstützten Entwicklungswerkzeugen leichter machen und wir werden immer mehr darüber nachdenken, wie man KI in die eigenen Anwendungen integrieren kann, um die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen und Prozesse besser zu automatisieren.

Dabei spielt es uns in die Hände, dass gerade sehr viel Forschung in diesem Bereich stattfindet und Forscher sowie einige große Firmen um bessere Modelle wetteifern. Diese Modelle werden auch multimodal, d. h. sie können mit mehreren Arten von Daten umgehen: Bild, Text, Audio. Genau das macht diese Modelle für einige Use Cases im Bereich der Anwendungsentwicklung noch spannender.

Teufel: Ich beobachte die Entwicklungen rund um KI im Allgemeinen und in Bezug auf Softwareentwicklung im Besonderen. Bei der Softwareentwicklung bin ich jedoch ziemlich gelassen. Ich habe keine Angst, dass KI uns Entwicklerinnen und Entwicklern bald den Rang ablaufen könnte. Genauso wie Low Code wird es auch KI aus meiner Sicht in absehbarer Zeit nicht schaffen, den Menschen zu ersetzen. Damit das passieren kann, müssen Unternehmen ihr gesamtes Domänenwissen öffentlich preisgeben (wer will das schon?) oder zumindest innerhalb des Unternehmens ein eigenes Datennetzwerk aufbauen, auf dem die KI dann operieren kann (wer macht das schon?). Künstliche Intelligenz ist sicher kein Thema, dem man sich verwehren sollte, aber speziell in der Softwareentwicklung sehe ich in KI aktuell allenfalls ein zusätzliches Helferlein, das mich in der Entwicklung unterstützen kann, mehr aber auch nicht.

Hartmann: Prognosen sind ja immer schwierig, insbesondere, wenn sie die Zukunft betreffen. Aber hier lege ich mich fest, das Thema wird uns auch 2024 weiter beschäftigen. Die Frage ist dann vielleicht weniger, ob sich KI weiterentwickelt und weiter in unseren (Entwickler-)Alltag Einzug erhält, sondern wie sie das tut, wie sie uns in unseren bestehenden Tools und Workflows helfen wird und wie wir KI auch im Zusammenspiel mit vertraulichen bzw. privaten Daten verwenden können.

Haubner: Mein Team und ich glauben, dass bestimmte KI-Themen bleiben werden. Beispielsweise wird es vermutlich in Zukunft nicht mehr sinnvoll sein ohne Tools wie CoPilot oder ähnlichem zu entwickeln. Auch Bibliotheken wie LangChain ermöglichen viel Innovation in der Anwendungsentwicklung. Wie sich das Thema OpenAI und ChatGPT weiterentwickelt, darüber möchte ich keine Aussage treffen. Das hängt zu sehr von der Firmen-Politik der aktuellen Marktführer in dem Segment ab. Spannend wird es hier zu beobachten, welche Konkurrenz-Situation im Markt entstehen wird.

 

Was würdest du dir persönlich für die Zukunft wünschen? Wo besteht Verbesserungsbedarf beziehungsweise: Was fehlt dir?

 

Liebel: Für das kommende Jahr wünsche ich mir, das weitere Project-Fugu-Schnittstellen auch in andere Browser Einzug erhalten, allen voran das File System Access API. Das wird 2024 schon fünf Jahre alt – vielleicht gibt es ja ein Geburtstagsgeschenk von Apple oder Mozilla.

Steyer: Meine Kollegen und ich beschäftigen uns ja sehr stark mit Architektur im Frontend-Bereich. Da sehen wir zwei Herausforderungen: Overengineering und Underengineering. Zum Glück gibt es in der Angular-Welt einige Neuerungen, die helfen, den Sweet Spot zwischen beidem besser zu erreichen: Standalone Components oder auch moderne und leichtgewichtige Stores wie der neue NgRx Signal Store helfen dabei enorm, weil sie unnötiges Gewicht herausnehmen. Ich denke, diese Bestrebungen sollten wir weiterverfolgen.

Dasselbe gilt für Bestrebungen, die auf eine bessere Developer Experience abziehen. Das Angular-Team plant z. B. einige Verbesserungen an den Angular Dev Tools, wie etwa eine Visualisierung von Signals und deren Abhängigkeiten. Das ist wichtig, denn gerade in diesem Bereich sehe ich noch ein wenig Luft nach oben.

Teufel: Ich wünsche mir, dass wir auch im kommenden Jahr noch weiter verinnerlichen, dass Softwareentwicklung kein Selbstzweck ist. Es geht nicht darum, immer den neuesten Scheiß zu verwenden. Es geht nicht darum, jede neue Technologie oder Idee zu adaptieren und einzubauen. Vielmehr geht es darum, Probleme zu lösen. Das sollte unser Fokus sein! Nicht die Technik, sondern die Probleme, um die es geht. Probleme so lösen, dass ein Unternehmen die Lösung in absehbarer Zeit auch nutzen kann, dass ein jeder die Lösung verstehen, nachvollziehen und weiter pflegen kann. Und ich wünsche mir weiterhin viel Leidenschaft von Entwicklern, denn ohne Leidenschaft wird Leiden geschaffen!

Hartmann: Ich bin sicher, dass es auch im Jahr 2024 nicht an technischen Neuerungen und Innovationen mangeln wird. Wünschen würde ich mir aber, dass Debatten darüber, was gut und schlecht, richtig und falsch ist, differenziert geführt werden. Das bedeutet zum Beispiel, Frameworks oder Tools anhand von konkreten Problemen oder konkreter Anforderungen zu beurteilen und nicht pauschal als Allheilmittel zu feiern oder zu verteufeln.

Was React angeht, bin ich sehr gespannt, was nächstes Jahr passiert. Vielleicht gibt es ja (seit Juni 2022!) mal wieder ein neues Release. In diesem könnte unter anderem der use-Hook veröffentlicht werden, der das Arbeiten mit Promises in Client-Komponenten vereinfachen soll, sowie der useEvent-Hook, der die Notwendigkeit von useEffect einschränken soll. Mit React Forget steht ein Compiler vor der Tür, der die Arbeit mit useMemo und useCallback überflüssig machen soll. Clientseitig wird also wohl einiges passieren und serverseitig sicherlich auch.

Next.js hat bereits eine ganze Reihe weiterer Features angekündigt und auch deren Build-Tool TurboPack, könnte in einer ersten Version erscheinen und möglicherweise Verbreitung auch außerhalb von Next.js finden. Remix hat angekündigt, React Server Components zu unterstützen und will wohl auch einen Migrationspfad von React SPAs anbieten. Es gibt also eine ganze Reihe von möglichen Neuerungen, auf die wir uns 2024 freuen, oder vor denen wir uns fürchten können.

Hanna: Eigentlich bin ich technisch sehr zufrieden. Was mir fehlt – der 48-Stunden-Tag!

Krypczyk: Ich finde eine stärkere Fokussierung auf ethische KI und die Entwicklung von Richtlinien, die sicherstellen, dass KI zum Wohl der Gesellschaft eingesetzt wird, sind notwendig.

Haubner: Was ich mir für das nächste Jahr wünsche ist etwas weniger Hype und mehr Pragmatismus im Umgang mit neuen Technologien. Wenn ich nie wieder einen Glaubenskrieg ohne echte Argumente auf Twitter (X) lesen muss, bin ich glücklich 😉

Stay tuned

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