Welche Neuigkeit im JavaScript-Universum war dieses Jahr für dich am spannendsten?
Karsten Sitterberg: Die Einführung des neuen Buildsystems mit esbuild und Vite für Angular war für mich ein echter Meilenstein. Die Geschwindigkeit und Effizienz dieses Systems bringen deutliche Verbesserungen bei der Produktivität in der Entwicklung. Besonders spannend daran finde ich, dass Angular damit eine Technologie integriert, die ursprünglich aus dem Vue-Universum stammt. Neben der zunehmenden Zusammenarbeit zwischen Angular und dem Google-internen Framework Wiz findet sich so ein weiteres großartiges Beispiel dafür, wie Frameworks voneinander profitieren und sich gegenseitig inspirieren können.
Martina Kraus: Eindeutig die Entwicklung der KIs im Webbrowser. WebLLM bietet beispielsweise die Möglichkeit, Large Language Models (LLMs) direkt im Browser zu operationalisieren, ohne dass eine Verbindung zu externen Servern benötigt wird. Dieses API ermöglicht eine direkte Interaktion mit der GPU des Endgeräts, wodurch KI-Modelle erheblich beschleunigt werden können. Daneben wurde auch der neue Webstandard WebNN etabliert. Damit können Web-Applikationen und Frameworks Deep Neural Networks mit GPUs, CPUs oder speziell erstellten KI-Beschleunigern wie NPUs performanter machen. Ich bin selbst keine KI- oder LLM-Expertin, aber ich bin sehr begeistert von den Demos und vor allem der guten Integration dieser APIs in meine Frontend-Applikation. Es gibt so viele Anwendungsfälle, bei denen diese APIs hilfreich sein können. Etwa wenn es darum geht, ein lästiges Formular in einer Web App intelligent ausfüllen zu lassen, indem man schlichtweg einen Text – in dem theoretisch alle Infos enthalten sind – in ein dafür vorgesehenes Textfeld kopiert. Mit Hilfe der KI im Webbrowser können dann alle wichtige Daten herangezogen werden.
David Müllerchen: Das sich alle Frontend Framework Teams zusammengetan haben, um ein Abstract zu Signals zu schreiben. Das fand ich schon sehr nice. Ich bin ja eh sehr viel in Communities unterwegs und freu mich, wenn die Zusammenarbeit größer und die Abstände kleiner werden.
Sebastian Springer: Für mich, wie für viele andere, ist nach wie vor der Siegeszug der KI in alle Entwicklungsbereiche sehr spannend. Wobei es mir da weniger darum geht, dass man überall „AI powered“ draufschreibt, sondern vielmehr darum, dass z.B. die KI im Entwicklungsprozess einen echten Mehrwert bietet. Das hat natürlich auch einen entscheidenden Nachteil: Wenn man wieder einmal mit der Bahn unterwegs ist und die Verbindung so schlecht ist, dass man alle nervigen und sich wiederholenden Aufgaben plötzlich wieder selbst machen muss.
Der zweite Teil der KI in der Webentwicklung, die Integration in die Applikationen, ist für mich genauso wichtig wie die KI als Entwicklungswerkzeug. Mittlerweile hat wahrscheinlich jeder schon einen Chatbot mit dem OpenAI-API gebaut. Aber es geht noch deutlich mehr. Sowohl die Dienste, die man anbinden kann, als auch die Werkzeuge, Frameworks und Bibliotheken werden immer besser, sodass für die Enduser unserer Applikationen ein echter Mehrwert entsteht.
Aber das Leben besteht nicht nur aus KI. Für mich als alten React-Fanboy war 2024 das Jahr von React 19. Es gibt einige sehr sinnvolle Erweiterungen, die in Richtung Fullstack-Entwicklung (mit z. B. Next.js) gehen. Aber auch rein clientseitige Erweiterungen kommen nicht zu kurz. Und das beste Feature, das streng genommen noch nicht einmal React 19 ist: der Compiler, der die unselige manuelle Memoisierung endlich überflüssig macht und uns ohne weiteres Zutun einen Performancegewinn schenkt.
Manfred Steyer: Es war total spannend zu sehen, wie sich die Signal-Story in Angular entwickelt hat. Gerade jetzt mit dem neuen Resource API haben wir zum ersten Mal die Möglichkeit, in der Signal-Welt einen reaktiven Datenfluss end-to-end abzubilden – also von den Benutzereingaben bis hin zur Ausgabe. Die neuen Linked Signals bieten daneben eine lokale Arbeitskopie und sind ein einfacher, aber auch effektiver Weg, um Signals, die von einem Store kommen und readonly sind, an Formularfelder zu binden.
Nils Hartmann: Für das ganze JavaScript-Universum kann ich das nicht beantworten, denn ich bin eher monothematisch im React-Universum unterwegs. Da finde ich es einerseits spannend, dass die serverseitige- bzw. Fullstack-Entwicklung von React-Anwendungen durch React selbst, aber auch durch Next.js in Form von Vercel massiv vorangetrieben wird. Andererseits erfahre ich aber in Gesprächen und Workshops häufig, dass es nach wie vor eine gewisse Skepsis gegenüber den Fullstack-Ansätzen gibt. Und auch wenn das vielleicht eine subjektive Verzerrung durch meine Bubble ist, hätte ich den Wunsch, dass diese Bedenken ernst(er) genommen werden. Glücklicherweise gibt es mit neuen Versionen populärer Bibliotheken (etwa React Router oder TanStack Query) und auch dem gänzlich neuen TanStack Router zumindest aus der Community weiterhin viel Unterstützung für die Entwicklung von Single-Page-Anwendungen mit React.
Lena Rosenboom: Das ganze Jahr hat mich das Thema Barrierefreiheit beschäftigt. Immer mehr Unternehmen merken, dass sie ihre Websites anpassen müssen. Das künftige Gesetz ist zwar keine Neuigkeit, aber für viele Unternehmen kommt es, wie die DSGVO, doch sehr spontan.
Katja Potensky: In JavaScript direkt: Wahrscheinlich die Aufnahme von Shebangs !# in die offizielle Syntax. !# /usr/bin/env node ist schon cool! Im allgemeinen WebDev-Bereich finde ich das Popover API und die immer breiter werdende Abkehr von schwergewichtigen Frameworks gut.
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Wo Licht ist, ist auch Schatten – welche Entwicklung in der WebDev-Welt fandest du dieses Jahr enttäuschend?
Karsten Sitterberg: Meiner Meinung nach hat Angular dieses Jahr an manchen Stellen die Bedürfnisse von Enterprise-Kunden aus den Augen verloren. Innovation und dadurch bedingt die Einführung vieler neuer Konzepte ist zwar spannend und teils auch wichtig, aber neue Konzepte bringen immer auch eine erhebliche kognitive Last mit sich. Vor allem, wenn gleichzeitg auch die älteren Konzepte noch stark im Code vertreten sind, erhöht die Menge der möglichen Programmiermuster zunächst einmal die Hürden für den Einstieg von neuen Entwicklern. Gerade für Teams, die eher auf Stabilität und (Abwäts-)Kompatibilität angewiesen sind, kann das zu einer Herausforderung werden.
Sebastian Springer: Was ich dieses Jahr sehr schade fand, waren die Schwierigkeiten, die das neue Major-Release von React mit sich brachte – beziehungsweise das Nicht-Release. Durch eine Änderung im Verhalten der Suspense-Komponente wurde eine massive Diskussion in der Community vom Zaun gebrochen, die schließlich dazu führte, dass sich das Release um mehrere Monate verzögerte. Andererseits ist es aber auch erfreulich, dass das React-Team auf das Feedback der Community reagiert und eine gute Lösung für alle Beteiligten findet.
Nils Hartmann: Obwohl die Version 19 von React schon im April 2024 angekündigt und in einem ersten Release-Kandidaten vorgestellt wurde, hat es Angular noch geschafft, React in der Versionsnummer zu überholen und seine Version 19 vor der von React herauszubringen 😉 Spaß bei Seite, es ist natürlich schade, dass es mit dem React-Release so lange dauerte, aber immerhin wurden die Probleme, die es mit dem Release-Kandidaten gab, ernst genommen und behoben.
Lena Rosenboom: Enttäuschend finde ich, dass viele große Unternehmen noch immer nicht verstanden haben, dass sie für das BFSG (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) handeln müssen. Außerdem finde ich es auch sehr schade, dass einige Entwickler sich gegen diese Änderungen aussprechen. Dabei wäre die digitale Welt eine bessere, wenn sie alle nutzen könnten.
Martina Kraus: Ich war lange Zeit eine Anhängerin von WebAssembly und habe auch selbst viel auf Konferenzen über WebAssembly gesprochen. Leider findet WebAssembly nur bei größeren Firmen wie Google Twitch oder Amazon Music Anklang. Mittelständische Firmen sehen oftmals keinen Vorteil und fragen sich, warum sie sich neben JavaScript und einer Backend-Technologie noch eine weitere Technologie ins Haus holen sollten. Die Integration von WebAssembly ist meist noch sehr schwierig und es fehlt eine gute Unterstützung der Tools beispielsweise zum einfachen Debuggen einer WebAssembly-Anwendung. Darüber hinaus sind gewisse Probleme wie die Garbage Collection in WebAssembly immer noch nicht vollständig gelöst. Lustigerweise nutzen Web APIs wie WebLLM und WebNN WebAssembly für die Ausführung der Berechnungen und Models – und genau da ergibt WebAssembly auch total Sinn – aber irgendwie schafft es WebAssembly nicht in die Köpfe der Entwickler.
David Müllerchen: Ich hatte irgendwie gehofft, dass das neue Date API schon kommt. Date Handling ist schon ein wilder Ritt, wenn man es nativ mit JavaScript machen will/muss. Ein Funktionsumfang wie day.js oder date-fns würde hier helfen
Katja Potensky: Ein weiteres Jahr ohne Pipeline Operator 🙁
Hast du einen Geheimtipp für die Leser – ein Tool, eine Technologie oder einen Produktivitätsbringer, den jeder einmal ausprobieren sollte?
Manfred Steyer: Ich bin derzeit von den Möglichkeiten der forensischen Code-Analyse sehr begeistert. Dabei kombiniert man Code-Metriken mit Informationen aus der Quellcodeverwaltung, z. B. der git history, um versteckte Muster zu entdecken. Mit diesen Mustern lässt sich auch einiges über die Qualität der vorherrschenden Architektur sagen. Und es ist wirklich lustig, Code, an dem man täglich arbeitet, aus dieser neuen Perspektive zu betrachten. Mein aktuelles Open-Source-Projekt Detective [1] bietet ein paar dieser Analysen an.
[1] https://www.npmjs.com/package/@softarc/detective
Karsten Sitterberg: Ich empfehle Testcontainers. Sie ermöglichen es, komplette Integrationstests in isolierten Containern durchzuführen – auch in der JavaScript-Welt perfekt für Datenbanken, APIs und andere Services. Gerade wenn mit komplexen Systemen gearbeitet wird, bieten Testcontainers eine hervorragende Möglichkeit, Tests auf stabile und reproduzierbare Füße zu stellen. Sie ermöglichen es auch, ohne ein komplexes Docker-Compose-Setup die gleiche Umgebung in der Pipeline wie auch lokal aufzubauen. Ein tolles Tool für nachhaltige Qualitätssicherung!
Martina Kraus: Nun, ich glaube es ist kein Geheimtipp mehr, aber ich möchte nochmal auf den GitHub Copiloten aufmerksam machen. Das Geld, das man selbst darin investieren muss, lohnt sich auf jeden Fall. Ich stand dem ganzen anfangs sehr skeptisch gegenüber – vermutlich auch weil der Programm-Code, den ChatGPT generiert hat, oft noch nicht einmal funktionierte, geschweige denn überhaupt kompiliert hat 😀 Die Qualität ist mit dem Copiloten deutlich höher, und ich nutze die Erweiterung für VS Code oder auch WebStorm sehr häufig, um mir schonmal ein Grundgerüst bzw. eine Grundstruktur meines Programms zu generieren. Natürlich ist das immer mit Vorsicht zu betrachten, und der generierte Code sollte immer noch einmal gründlich reviewt werden. Nichtsdestotrotz ist dieses Vorgehen für mich weitaus schneller, als wenn ich alles selbst schreiben müsste.
Lena Rosenboom: Jeder Entwickler sollte hin und wieder mal das Tool Accessibility Insights verwenden. Mit diesem Browser AddOn kann man seine Website auf Barrierefreiheit prüfen und bekommt Tipps, wie man sie verbessern kann.
David Müllerchen: Mein absolutes Lieblingstool ist VSCode. Ich habe noch ein paar wenige Extensions installiert, wie Framework-spezifische Tools (Angular Language Service) und UI Tweaks (Material Icon Theme). Aber ein Highlight ist immer Console Ninja. Das Tool zeigt dir die Konsolenausgaben in Code an. Sehr hilfreich!
Sebastian Springer: Mein persönlicher Geheimtipp (ok, so geheim ist der gar nicht) sind die KI-Helferlein, die die tägliche Arbeit enorm erleichtern. Konkret sind das GitHub Copilot, Continue oder Cursor – je nach persönlicher Vorliebe. Sich wiederholende Aufgaben, Vorschläge und auch (mehr oder weniger) gute Tipps sind Dinge, die sich mit diesen Werkzeugen gut erledigen lassen beziehungsweise die man von ihnen erwarten kann.
Nils Hartmann: Ein echter Geheimtipp ist es wohl nicht mehr, aber wenn Ihr React-Anwendungen baut, solltet Ihr euch die TanStack-Bibliotheken ansehen. Da gibt es viele bekannte Bibliotheken wie TanStack Table oder Query, die schon fast zum De-facto-Standard in React-Anwendungen gehören. Aber es finden sich auch neuere wie Start, Router oder Forms, die mit innovativen Ideen und neuen Konzepten aufwarten. Einige der Bibliotheken sind übrigens auch für andere SPA-Frameworks einsetzbar. Also auch Angular-, Vue- oder Svelte-Fans sollten mal einen Blick darauf werfen.
Katja Potensky: Gleich zwei: https://developer.mozilla.org/en-US/plus/docs/features/updates [2] und – unironisch – https://developer.mozilla.org/en-US/docs/Web/HTML/Element [3]. Einfach mal alle HTML-Elemente durchgehen, bevor man das nächste Mal Angular Material reinzieht.
Dein guter Vorsatz für 2025: Mit welchem Thema möchtest du dich im neuen Jahr besonders beschäftigen?
Sebastian Springer: Die guten Vorsätze für das nächste Jahr: ein bisschen mehr Python machen – schließlich ist das jetzt die Programmiersprache Nummer 1 auf GitHub, dicht gefolgt von JavaScript und TypeScript (jeweils als eigene Programmiersprache). 😉 Aber Spaß beiseite: Gerade was die Arbeit mit KI und Daten angeht hat Python die mit Abstand aktivste Community, und allein deshalb lohnt es sich schon, sich eingehender damit auseinanderzusetzen.
Der zweite gute Vorsatz für 2025 ist, mehr Automatisierung zu betreiben – und zwar in nahezu allen Bereichen: von Maschinen und Geräten über digitale Produkte bis hin zum Entwicklungsprozess. Denn auch hier tut sich gerade sehr viel, und das nicht nur dank vieler neuer KI-basierter Werkzeuge.
Lena Rosenboom: Alles rund um das BFSG wird mich auf jeden Fall beschäftigen, und ich bin gespannt, welche Unternehmen erst einen Monat vorher merken, dass für sie Handlungsbedarf besteht.
Martina Kraus: Da ich in der Web Security tätig bin, werde ich mich wohl weiterhin stark mit passwortloser Authentifizierung beschäftigen. Der FIDO2-Standard bzw. Passkeys sind nach meiner Meinung die Zukunft der sicheren Authentifizierung in Mobile- oder Web-Applikationen. Tatsächlich schreibe ich sogar gerade an einem Buch über Authentifizierung und Autorisierung, daher werde ich mich vermutlich sogar noch tiefer mit Themen wie OAuth 2.1, OpenID Connect und FIDO auseinandersetzen dürfen, als ich ohnehin schon habe.
David Müllerchen: Ich halte ja nichts von Vorsätzen. Ich lass mich gerne treiben und überraschen. Aber ich möchte mehr mit AI-Tools spielen. Die neusten Dinge teste ich erstmal bei mir um Livestream. (Immer montags 20:00 https://webdave.tv [4]).
Manfred Steyer: Ich werde die Neuerungen in Sachen Angular verfolgen und zeigen, wie man damit auch die Architektur einer Anwendung besser mit Leben erfüllen kann. Daneben sind ein paar Neuerungen für Native Federation, das die Umsetzung von Micro Frontends auf Basis von Web Standards erlaubt, geplant.
Karsten Sitterberg: In den letzten zwei Jahren habe ich mich intensiv mit MQTT im Kontext von Angular beschäftigt, vor allem durch verschiedene Kundenprojekte. Für 2025 habe ich mir vorgenommen, dieses Wissen zum einen noch zu vertiefen. Zum anderen möchte ich dieses Wissen auf den Bereich Kollaboration und Schulungen übertragen. Ich plane, das von mir bereits erfolgreich eingesetzte Schulungssystem um innovative Funktionen zu erweitern, um so noch praxisnähere und interaktivere Lernformate anbieten zu können.
Katja Potensky: CSS. Diese Sprache wurde viel mächtiger in letzter Zeit und kann mittlerweile extrem viel JS-Code sparen.
Welchen Trend in der Webentwicklungswelt siehst du momentan, der deiner Meinung nach im nächsten Jahr an Fahrt aufnehmen wird?
Nils Hartmann: Ich bin gespannt, ob und wie sich das “Fullstack-Thema” auf JavaScript- bzw. React-Basis weiter durchsetzt und auch in der Masse Verbreitung findet. Mit Remix und dem noch ganz neuen TanStack Start stehen zwei Frameworks parat, die etwas leichtgewichtiger als Next.js sind und den Umstieg von einer klassischen Single-Page-Anwendung etwas einfacher machen.
Manfred Steyer: Ich denke, wir werden immer häufiger über reaktive Programmierung nachdenken, und das wird unsere Sicht auf den Code, den wir schreiben, verändern. Das Thema ist nicht neu. Gerade mit RxJS haben wir schon länger die Möglichkeit, eine Anwendung reaktiv aufzubauen. Da Signals nun aber direkt in viele Frameworks wie Angular einziehen, bekommt das Thema mehr Schwung, und somit wird reaktive Programmierung nicht nur eine Option sondern auch das Standardvorgehen werden.
Martina Kraus: Eindeutig weiterhin das Thema KI im Webbrowser. Die bereits erwähnten Webstandards WebNN und WebLLM benötigen noch etwas Feinschliff, und ich bin überzeugt, dass wir noch ganz am Anfang sind in Sachen KI-Unterstützung im Webbrowser. Mit Googles Gemini kann ich direkt in DevTools mit Gemini chatten und erhalte Informationen darüber, warum gewisse Elemente aus dem DOM-Baum auf eine bestimme Weise dargestellt werden und kann Netzwerkanfragen und deren Performance intelligenter und schneller analysieren, als ich es selbst anhand der gegebene Daten tun könnte. Viele sind natürlich jetzt schon genervt von dem ganze KI-Hype, was nach meiner Meinung allerdings oftmals mit einer falschen Erwartungshaltung zu tun hat, was KI für uns tun kann. Als Security Engineer sehe großes Potential in der Unterstützung Security Scans, der Auswertung von Monitoring-Daten oder auch bei der Detektion von Angriffen auf meine Systeme.
Sebastian Springer: Der Trend, den ich am liebsten an Fahrt aufnehmen sehen würde, ist das Immersive Web – also die Arbeit mit 3D im Web in Kombination mit AR und VR. Apple hat hier dank der Vision Pro sehr gute Arbeit geleistet, und auch Meta geht mit ihrem Horizon OS in eine spannende Richtung. Bleibt abzuwarten, ob sich AR- und VR-Geräte in großer Stückzahl durchsetzen werden.
Etwas realistischer sieht es dann schon wieder bei der KI aus. Hier flaut der erste Hype endlich ab und weicht einem etwas vernünftigeren Mindset. Spannend werden die immer leistungsfähigeren SLMs wie Qwen 2.5 oder Llama 3.2, die nicht die teuren H100-Karten benötigen, um mit halbwegs akzeptabler Geschwindigkeit ausgeführt zu werden. Damit ergibt sich für uns die Möglichkeit, mit kleineren lokalen Modellen zu arbeiten, spezialisierte Applikationen zu erstellen und mit AI-Agenten ganz neue Anwendungsfälle umzusetzen.
Auch der SEO-Bereich könnte in nächster Zeit gehörig umgekrempelt werden, wenn die LLMs von OpenAI & Co plötzlich in der Lage sind, das (aktuelle) Internet zu durchsuchen und somit in Konkurrenz mit etablierten Suchmaschinen treten.
Karsten Sitterberg: Ich sehe einen klaren Trend, dass Unternehmen verstärkt in die Qualifikation ihrer Mitarbeiter investieren. Das zeigt sich auch in der steigenden Nachfrage nach Schulungen, die ich in den letzten Jahren erlebt habe. Der Fokus liegt zunehmend darauf, den Fachkräftemangel durch gut ausgebildete Mitarbeiter zu kompensieren. Qualifizierte Teams können mit weniger Personal effizienter arbeiten – ein Ansatz, der meiner Meinung nach 2025 noch an Bedeutung gewinnen wird.
Lena Rosenboom: Das Thema Inklusion ist für unsere digitale Gesellschaft sehr wichtig und wird, auch durch das BFSG, immer wichtiger werden. Entwickler müssen lernen, dass barrierefreier Code genauso dazu gehört wie ein sauberer Code. Wir müssen das Wissen in unseren Alltag integrieren, sodass es irgendwann nichts Besonderes mehr ist, barrierefreie Lösungen zu bauen.
Katja Potensky: Die weitere Abkehr von schwergewichtigen Frameworks wie Angular. HTMX hat hier eine Re-(De?-)volution losgetreten, und viele Entwickler fragen sich, warum sie für denselben Effekt zehn Stunden aufwenden sollen, wenn sie es auch in einer Stunde genauso gut tun könnten. Natürlich wird auch hier das Pendel zu weit ausschlagen, aber grundlegend ist weniger Komplexität schon eine gute Sache. In Verbindung mit dem Trend zu A11y und etablierten Patterns wird WebDev vielleicht sogar so einfach, dass man nicht mehr ständig vor technischen Herausforderungen steht, sondern sich auf die User Needs konzentrieren kann.
Vielen Dank für eure Antworten!
Karsten Sitterberg, Nils Hartmann, Martina Kraus,
David Müllerchen, Sebastian Springer,
Manfred Steyer, Lena Rosenbloom und Katja Potensky