Mirko Hillert: Christian, du hältst hier auf den Angular Days einen Workshop zum Thema Progressive Web Apps. Was ist deiner Meinung nach das Spannende an PWAs?
Christian Liebel: Das Spannende daran ist, dass es ein komplett neues Anwendungsmodell ist. Es ist von Google erdacht und relativ radikal. Denn das Modell sagt, dass all die Appstores nicht mehr benötigt werden. Was du als Webentwickler schon kannst, um eine gute Webapp zu erstellen, das reicht völlig aus. Deine Web-App wird per Fingertippen zur auf dem Gerät installierten „App-App“. Das ist das Radikale und Interessante an PWAs.
Mirko Hillert: Wie setzt man PWAs um und worauf muss man dabei achten?
Christian Liebel: Das Gute an Progressive Web Apps ist, dass es wie alle anderen Webschnittstellen sehr kompatibel ist. Man kann eine simple Website zu einer Progressive Web App „hochstufen“. Man kann es natürlich – und das ist sinnvoller – auch mit Angular, React oder einem Framework seiner Wahl schreiben.
Mirko Hillert: Wie hoch schätzt du den Mehraufwand beim Erstellen einer Progressive Web App im Vergleich zu anderen Webanwendungen ein?
Christian Liebel: Im Prinzip ist das ein orthogonales Thema. Die klassische Webanwendung muss man trotzdem entwickeln. Progressive Web App ist quasi ein Upgrade für die bestehende Web-App. Ich habe den gleichen Aufwand, um eine Cross-Platform-fähige Anwendung zu entwickeln. Ich muss an Responsive Webdesign denken. Ich muss daran denken, native Features des Geräts zu nutzen. Da ändert sich also zunächst erstmal nichts. Dann ist der Progressive-Web-App-Überbau vergleichsweise kostengünstig. Vorausgesetzt, dass ich mich vorher an Grundsätze der Single-Page-App-Entwicklung gehalten habe.
Mirko Hillert: Neben Progressive Web Apps ist dein Thema auf den Angular Days Angular. Gibt es Neuerungen in der Entwicklung?
Christian Liebel: Ja, da wird 2018 sehr spannend. Wir werden das Component Dev Kit haben, sodass man eigene Steuerelemente gut und sinnvoll entwickeln kann. Es gibt die sogenannten Angular Elements, sodass ich meine Angular-Steuerelemente oder Teilbereiche einer Anwendung als Web Components nach außen geben kann, ohne den kompletten Überbau haben zu müssen. Es gibt den neuen Renderer Ivy, der wie immer schneller, besser und schöner ist. Und was für die CLI-Nutzer möglicherweise interessant: Das neue ng-Update-Kommando, das mir die Projektabhängigkeiten aktualisiert. Das hat man tatsächlich in der CLI-Entwicklung vermisst. Ich bin dementsprechend sehr froh, dass das jetzt kommt.
Mirko Hillert: Ein weiteres Framework, das momentan enormen Zulauf erlebt, ist Vue.js. Wo liegen die Unterschiede zwischen Vue.js und Angular?
Christian Liebel: Was man auf jeden Fall sagen kann ist, dass beide anders sind. Es sind unterschiedliche Frameworksl, sie haben teilweise unterschiedliche Konzepte. Sinnbildlich wird das beispielsweise in der Sprachwahl: Angular ist fast nur mit TypeScript sinnvoll zu entwickeln, während Vue.js einem die Wahl lässt. Genau das ist jedoch gleichzeitig auch das Problem, denn Vue.js lässt dir die Wahl. Gefühlt ist Angular immer ein wenig behüteter, dafür kann man sich vielleicht als Anfänger mehr an diesen bereits etablierten Konzepten orientieren und ausrichten.
Mirko Hillert: Christian, danke für das Interview.
Interviewt von: Mirko Hillert
Mirko Hillert verantwortet seit 2007 als Leiter der Entwickler Akademie den Trainingsbereich bei Software & Support Media. Er studierte Betriebswirtschaft an der Westsächsischen Hochschule Zwickau und der Universidad Valencia sowie Marketing an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Als ehemaliger Dozent und Ausbilder für Managementprozesse treibt er seit vielen Jahren die fundierte Aus- und Weiterbildung von Entwicklern und Softwarearchitekten im IT-Markt voran, unter anderem mit innovativen Eventformaten und hochwertigen Trainingsinhalten.